Wollgras - Juli 2025
Liebe Leserin,
lieber Leser,
wie Du vielleicht weißt, bin ich gern und viel in den heimischen Mooren unterwegs. Gerade jetzt im Juli ist das jedoch gelegentlich auch eine eher unangenehme Sache. An den langen Sommertagen staut sich die Wärme gern mal in den niedriger gelegenen Gebieten und die stickige, feuchte Hitze erinnert mich dabei jedesmal stark an meine früheren Reisen in tropische Dschungelgebiete. Ganz besonders, wenn dann noch verschiedenes Stechgetier unterwegs ist.
Im Gebirge hingegen sorgt die in der Regel die Vormittags einsetzende Thermik oft für ein angenehmeres Klima. Der Wind macht es dann auch den momentan in großer Zahl vorkommenden Mücken und Bremsen etwas schwerer, ihre Beute - also mich, zu bekommen. Da Insektenmittel für meine Arbeit kontraproduktiv sind und meiner Meinung nach auch absolut nicht in diesen Lebensraum eingebracht werden sollten, ist das laue Lüftchen also eine angenehme Sache. Natürlich bedeutet es allerdings auch, dass sich Blüten und Gräser unvorhersehbar bewegen. Das bringt eine gewisse Herausforderung beim Fotografieren mit sich und sorgt zum Teil für viele unnötige Aufnahmen. Zumindest wenn man bestrebt ist, immer die bestmögliche Bildqualität für große Fotodrucke zu erhalten.
Doch das sind alles eigentlich sehr angenehme Herausforderungen. Beim Besuch der Flächen packt mich jedes Mal erneut die Faszination für diesen ganz besonderen Lebensraum. Gerade jetzt, wenn das saftige Grün leuchtet und das Wollgras mit seinen weißen Samenständen so schöne Kontraste setzt, könnte ich stundenlang einfach zuschauen, wie sich die weißen Puschel im sanften Wind wiegen und Libellen, Falter, Fliegen und anderes Getier dazwischen herum saust.
Wollgras im renaturierten Moor
Wie alles in der Natur, habe auch die wolligen Puschel natürlich einen Zweck. Losgelöst vom Stengel, können die Samen mit ihren Windfängern viele Kilometer weit durch die Luft getragen werden und sorgen so für eine Verbreitung der verschiedenen Arten von Wollgräsern.
Flugbereite Wollgrassamen
Wenn der Flug dann doch einmal kürzer als gedacht war, landen sie aber auch gern mal direkt neben der Pflanze und dies gibt zwischen all den nassen Torfmoosen, mit frischem Tau der Nacht benetzt, in meinen Augen auch ein wunderschönes Motiv… . Was denkst Du?
Wollgrassame mit Tautropfen
Dabei sind die Samen selbst nur wenige Millimeter groß und der weiße Puschel je nach Art ungefähr zwischen 1-3 cm.
Der Grund meines Besuches an diesem Tag, war jedoch nicht nur das Wollgras. Ich war gezielt auf der Suche nach einem besonders schönen tierischen Bewohner von Moor- und Feuchtgebieten, dem Hochmoor-Bläuling. Gleich zwei Exemplare dieses kleinen und auffällig gefärbten Falters flatterten um mich herum. Die Bestimmung der einzelnen Arten ist dabei jedoch zum Teil sehr schwierig und ich freue mich darauf, die Bilder einmal ExpertInnen zu zeigen, ob es sich nicht vielleicht um eine weitere (Unter-)Art handelt.
Tiefes Blau
Doch unabhängig davon, waren die beiden Falter eine große fotografische Herausforderung. Denn sie hatten weniger Interesse am Posieren, als vielmehr, von mir zu Naschen. Immer wieder landeten sie auf meiner Haut und holten sich die Elektrolyte… Dankbar, dass dies ohne Stechen und juckende Folgen ging, ließ ich sie gern eine Weile gewähren und amüsierte mich, als sie sich sogar an der Kamera versuchten (siehe unten).
Daumennagel Groß
Die beiden merkten anscheinend recht schnell, dass ich keine Gefahr darstellte und so ging das eine ganze Weile. Sogar wenn ich mich bewegte, wichen sie nur selten für kleine Entspannungspausen auf das umliegende Wollgras aus. Dies war dann jedes Mal meine Chance! Der Wind, die Größe der Schmetterlinge und das schwankende Wollgras vereitelten zwar einige Versuche, doch es gelang und das ganz oben gezeigte Bild des Monats entstand.
Erforschung der Kamera
Einige weitere perspektivische Aufnahmen der Gräser und des Geländes hatte ich ja bereits im Kasten und als das Sonnenlicht langsam zu hart für schöne Bilder wurde, packte ich glücklich und zufrieden meine Ausrüstung ein. Kaffee und Kuchen erwarteten mich auf der nahen Alm und nun freue mich bereits wieder auf meinen nächsten Besuch in diesem wunderbaren und leider so selten gewordenen Lebensraum.
Dein Sebastian
Lebensraum hochalpines Moor